Donnerstag, 22. August 2013

Mika's Gabe

Einige Tage waren seit dem Gespräch mit Umbra am Feuer vergangen und Raven war noch immer im Dorf. Er rappelte sich auf und beschloss schon am nächsten Tag seine Suche nach seinem Weib fortzusetzen. Als er vor die Tür seiner Hütte trat, sah er Mika und Nóri in ein Gespräch vertieft. Das was er mitbekam, ging um einen Auftrag, den Mika wohl erledigt hatte. Die Worte „Kragen“ und „Anker“ waren herauszuhören.
Raven grüßte seinen Freund und den Thrall und Mika lächelte für einen kurzen Moment, als er den Gruß erwiderte. Dann sah er wieder auf den vor ihm knieenden Thrall und trug ihm auf, dem Dorfjarl auszurichten, dass sich Dunkle, nein Schwarze, im Dorf herumtreiben, vor allem vor der Heilerstube. Da wurde Raven hellhörig. Wann genau das war, wollte er wissen. Beinahe täglich fielen sie Mika auf. Durch die Masken konnte er aber nie den verräterischen Dagger auf ihrer Stirn erkennen.
Mika war zu Ohren gekommen, dass Prayer in Gefahr sei, auf ihn hätte man es abgesehen. Raven verwarf seine Reisepläne wieder und beschloss zunächst im Dorf zu bleiben. Wenn Gefahr das Leben der Bewohner bedrohte, wurde jedes Schwert des Dorfes gebraucht, die Suche nach Rayna war da erst mal zweitrangig.
Beide beauftragten sie Nóri seinem Jarl das eben gehörte so schnell wie möglich auszurichten und der Thrall sah verängstigt und blass aus, seine Haut schimmerte beinahe so hell wie sein Haar. Raven fuhr sich fahrig durch die Haare und dachte nach. Verdammt, warum gerade jetzt? Immer, wenn er sich etwas vornahm, wurden seine Pläne durchkreuzt. Er fluchte wohl lauter, denn Mika entschuldigte sich dafür, dass er nicht beeinflussen kann, wann und wie „ihre“ Informationen ihn erreichten. Raven sah ihn an und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er ahnte „wer“ Mika die Informationen zukommen ließ und ohne dass er fragen musste, nickte Mika. Er hatte also wieder eine Vision gehabt! Die Schwarzen hatte er aber gesehen, das war keine Vision gewesen. Wie viel Zeit dem Dorf blieb, konnte Mika erst nach einer Nacht auf dem Berg sagen. Raven nickte und deutete auf die Polster vor dem Haus. Beide setzten sich und Raven schickte Nóri ins Haus um etwas zu trinken zu bringen und nach einer Kleinigkeit zu essen zu schauen.
Raven sah seinen Freund an. Brauchte er vielleicht Unterstützung dort oben auf dem Runenberg? Er bot Mika seine Hilfe an und Mika nahm sie an. Er bat Raven nur um eines: sollten „sie“ sein Blut fordern, dürfte er ihn nicht davon abhalten. Raven stimmte zu, solange „sie“ nicht alles haben wollten.
Der Thrall kam mit Paga und Wasser zurück und stellte die Becher wortlos auf den Tisch, um das Gespräch der beiden Männer nicht zu unterbrechen. Dann machte er sich auf in Richtung Hall. Raven fragte Mika wann er vor hatte auf den Berg zu steigen. Noch heute Nacht sobald es dunkel genug war, lautete Mika’s Antwort.
Nóri brachte einen Teller mit Obst und stellte ihn auf den Tisch. Mika wirkte für einen Moment abwesend und murmelte in der alten Sprache ein paar Worte. Raven kannte das inzwischen schon, aber Nóri schien gleich aus seinem Kragen kippen zu wollen. Mika schien an sich zu zweifeln. Immer wieder hatte Raven ihn darin bestärkt endlich zu erkennen, was er ist. Er war nicht einfach nur ein Schmied. Er hatte die Gabe die Götter zu verstehen, mit ihnen zu kommunizieren. Raven erinnerte sich noch gut an den Abend, als Mika das Schwert, welches er im Traum gesehen hatte, für Odin schmiedete und auf den Runenberg brachte. Er war dabei als die Raben auftauchten, sich ein Wind erhob und mit Blitz und Donner das Schwert verschwand. Er erinnerte sich an die Kerzen auf dem Altar, die wie von Geisterhand erloschen.
Das mit den Kerzen wäre eine einfache Sache. Mika grinste und starrte auf die Kerzen auf dem Tisch. Es dauert nicht lange und der Wind frischte auf, der eine der Kerzen ausblies, die anderen beiden flackerten nach wie vor in Windstille.
Mika läßt Kerzen erlöschen
Raven brummte und wies Nóri an die Kerze erneut zu entzünden, dann sollte Mika dasselbe nochmal machen. Der Thrall gehorchte und entzündete die Kerze an einer der beiden anderen.
Wieder starrte Mika auf die Kerzen, so wie Raven und Nóri auch. Und wie beim ersten Mal erhob sich ein leichter Windhauch und ließ die Kerze flackernd erlöschen. Verdammt, wie machte er das nur? Mika meinte, es wäre das einfachste auf der Welt, Raven sollte es doch auch versuchen. Wieder ließ er den Thrall die Kerze entzünden und starrte wie Mika auf das flackernde Licht. Seine Augen tränten und er unterdrückte das Blinzeln. Nichts passierte und Raven sah Mika an. Dessen Gesichtsausdruck war mehr als überrascht. Nun sollte Nóri es versuchen. Wie Raven eben starrte er auf die Kerze, bis seine Augen zu tränen begannen. Die Kerze erlosch und der Thrall war darüber noch mehr überrascht als Raven. Mit weit aufgerissenen Augen fiel er nach hinten um und stammelte, dass er das nicht war. Mika fing zu kichern an und Raven wurde sauer und warf seinen leeren Becher auf seinen Freund. Er traf ihn an der Stirn. Mika hatte sich einen Scherz mit ihm erlaubt!
Lange schwiegen sie sich an, bis Nóri bat nach Hause gehen zu dürfen. Raven nickte und schon war der Thrall in Richtung Werft verschwunden. Mika sah in die Kerzen und legte seine Hand auf seinen Gürtel, an dem er seinen alten Kragen immer bei sich trug. Raven entging die Geste nicht und er fragte nach, ob es seines wäre. Mika nickte. Es war eine Erinnerung an eine vergangene Zeit, an seinen Jarl. Er hatte den Kragen einst für Mika angefertigt, aus Silber, Stahl und Leder. Raven bat darum ihn sich ansehen zu dürfen und Mika legte ihn auf den Tisch. 
Mika's ausgedienter Kragen
Raven betrachtete die kunstvolle Arbeit eingehend. Der Kragen war mit viel Liebe zum Detail angefertigt worden. Mika schien noch sehr an Tekko zu hängen, so wie jeder Junge an seinem Jarl hängt. Er hatte Raven mal erzählt, dass er Tekko in Turmus besucht hatte, ihm dort die Nase zertrümmert hatte und dass nicht mehr war wie vorher, als er noch kniete. Er hatte begriffen, dass er zwar noch sehr an diesem Mann hing, es aber für eine Beziehung auf gleicher Ebene nicht mehr reichte.
Mika sah in den Himmel. Es war nun dunkel genug, um auf den Berg zu gehen. Sie standen beide auf und machten sich auf den Weg. Auf der Hälfte zwischen Dorf und Gipfel errichteten beide ein Lager für die Nacht und stiegen weiter hinauf.
Mika ging zielstrebig zum Altar und legte seine Waffen davor ab. Raven blieb ein gutes Stück hinter ihm, sank auf ein Knie und beugte seinen Kopf. Wieder sprach Mika in der alten Sprache und kniete vor dem Altar. „Ég spyr þig, Asen, sýna mér leiðina“.
Dann kam er zu Raven und zog ihn zur Feuerschale, in der das heilige Feuer brannte. Beide setzten sich ins weiche Gras und sahen sich schweigend an.
Mika empfängt eine Vision
Ein leichter Wind erhob sich urplötzlich und Mika kniete sich vor die Feuerschale, die Augen hatte er geschlossen. Er schien nicht ansprechbar zu sein und Raven beobachtete ihn still und fasziniert. Der Wind frischte zu einer Brise auf und fuhr beiden Männern in die Haare, das Feuer flackerte. Mika griff nach seinem Dagger und schob den rechten Hemdsärmel hoch. Ohne eine Regung setzte er an der Außenseite einen tiefen Schnitt und das Blut tropfte in das Feuer. Raven wollte schon aufspringen, aber er erinnerte sich an Mika’s Worte vorhin. Er sollte ihn nicht abhalten, wenn „sie“ sein Blut forderten. So setzte er sich wieder ins Gras und beobachtete weiter. Dann erklang laut und deutlich Mika’s Stimme:
 
„Zwei schwarze Schatten, von Norden her sie kommen, zwei schwarze Schatten, legen sich auf Land und Volk, zwei schwarze Schatten mächtiger als alles zuvor… Odin spricht, kämpft für das was ihr habt!“
 
Erschöpft sackte Mika zurück ins Gras und Raven riss ein Stück von seinem Kilt ab, legte es auf die blutende Wunde an Mika’s Arm. Die einzige Frage in Raven’s Kopf war die nach dem Dorf. Würden sie bleiben können oder müsste der Clan sich wieder auf die Suche nach neuem Land machen? Mika nickte Schon sehr bald müssten sie aufbrechen, sonst würde niemand überleben. Und Prayer würde als erster fallen. Raven wollte wissen, ob Mika noch mehr gesehen hatte, vielleicht auch etwas von seiner Rayna? Er würde dafür ein Kleidungsstück von Rayna brauchen und er müsste es verbrennen. Raven trug immer ein Tuch von Rayna bei sich, es duftete nach ihr. Aber das würde er Mika keinesfalls geben, wenn er es verbrennen würde. Mika war für heute zu erschöpft, die Visionen raubten ihm jede Kraft. Aber morgen würden sie erneut auf den Berg steigen und dann sollte Raven etwas von Rayna dabei haben. Mika mahnte Raven, dass er auch sehen könnte, wenn sie nicht mehr am Leben sein würde. Raven war das bewusst, aber er wollte endlich Gewissheit.
 
Raven stützte seinen Freund als sie sich auf den Abstieg zum Lager machten. Er legte seinen Kopf auf Mika’s Schoß und sah in den Sternenhimmel. Er hoffte, dass Rayna in genau diesem Moment genau dasselbe tat und an ihren Gefährten dachte.

5 Kommentare:

  1. Donnerwetter, da hast Du aber so einiges in Kürze aufgearbeitet :-)

    Ich bewundere Dich immer wieder dafür, wie Du es schaffst die Essenz eines langen RP zu fassen und niederzuschreiben ohne Dich in Nebensächlichkeiten zu verlieren.

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    1. Jaaaaaaaa, wobei das war nicht immer so! Hinzu kommt, dass ich unbedingt die letzten RP-Tage posten wollte, da fäßt man sich automatisch kurz. Und ich kenne mich selber, sehr lange Blogeinträge mag man manchmal nicht bis zum Ende lesen... ;-)

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  2. Holla!
    Das Bild des Kragens stach mir ins Auge als ich über den Beitrag stolperte.... schön aufgenommen.

    Es ist schön, das mein ehemaliger Junge ihn immer noch als Erinnerung bei sich trägt.
    Und es ist schön zu sehen, dass mein Andenken in den aktuellen Rollenspielen hin und wieder aufblitzt.
    Zu den Erinnerungen eines RP Chars zu gehören, die er nicht aufgibt, die des Erinnerns wert sind, ist ein wunderbares Kompliment für einen anderen Char.
    Ich danke Mika dafür, und ich danke Dir, Slaver, für das Achten dieser seiner Erinnerungen und das Du ihn hälst wenn er eine Hand braucht, die ich als sein ehemaliger Jarl ihm nicht reichen kann da ich fern bin.

    Tekko

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    1. Schmied, du ahnst nicht wie oft Mika von dir spricht. manchmal mit Wut, öfter aber mit Wehmut. Da ist es doch klar, dass ich als sein Freund ihm zur Seite stehe. Aber du kannst beruhigt sein, dein ehemaliger Junge steht äußerst fest auf seinen eigenen Beinen!

      Das Bild mit dem Kragen hat mir ziemliche Schwierigkeiten bereitet. Der Kragen rezzte senkrecht auf dem Tisch, aber so bleibt etwas mit "runden Kanten" eher selten stehen. Also hab ich irgendwie versucht das Bild um 90° zu drehen und das hoffentlich auch noch in die richtige Richtung...

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    2. och ich find das sehr gelungen, könnte eine Werbeaufnahme für Schmuck sein, schmunzel. Und wer Deinen Tisch nicht kennt käme nicht auf die Idee das es so nicht gewollt war ;-)

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