Mittwoch, 12. Juni 2013

Ein guter Handel und Strafe für die "Ubara"

Raven legte die Papiere beiseite und stand von seinem Schreibtisch auf. Er musste sich bewegen, das ständige Sitzen über Pergamenten tat seinem Rücken gar nicht gut. Er verließ sein Haus und ging in Richtung Wall, über dem Tor hatte man zu der einen Seite einen guten Ausblick auf die Berge und das Wasser und zur anderen Seite konnte man das ganze Dorf überblicken. Er sah dort Corin mit Sana stehen und vernahm Wortfetzen.
Raven war irritiert, weil Corin ihn mit Namen und als Slaver vorstellte. Aber das wusste Sana doch? Es stellte sich heraus, dass Sana durch die Geburt ihrer Zwillinge eine Art Trauma erlitten hätte und sich nun an nichts mehr erinnern könne. 
Gerade als Raven sich das genauer erklären lassen wollte, hörte er jemanden seinen Namen rufen. Es war Floki und Raven brüllte zurück, dass er am Schutzwall sei. Er entschuldigte sich und ging in die Richtung des Rufes, als Floki ihm auf halber Höhe schon entgegen kam. Raven wusste von Floki, dass er mit den Bäumen „spricht“ und an dem Holz horcht, um festzustellen, ob es sich für den Bau eines Bootes eignet. Deshalb zog er ihn auf und fragte, ob er auf der Suche nach hölzernen Gesprächspartnern sei. Der Bootsbauer kicherte wie irre und verneinte. Er sagte er sei dieses Mal eher auf Fleisch und Blut aus, es ging ihm speziell um Saroja. Saroja war inzwischen mehr als eine Hand im Dorf und ihr Jarl, dem sie verlustig wurde, hatte keine Besitzansprüche geltend gemacht. Raven grinste und bat Floki ihm zu seinem Haus zu folgen. 
Beide nahmen auf gegenüberliegenden Polstern Platz und Raven brüllte nach Deigja. Er verlangte einen Paga und für seinen Gast was immer der sich wünschte. Floki schickte Deigja nach einem Met in Umgebungstemperatur.
Schnell begann man mit den Verhandlungen um Saroja, die für eine Bond eine gute und weitreichende Ausbildung hatte. Sie gehörte mal einem Händler und führte dessen Buchhaltung. Sie konnte also lesen und schreiben. Außerdem wäre sie geschickt im Umgang mit Nadel und Faden. Floki war es zudem wichtig, dass er jemanden hatte, der ihn bekocht. Raven musste schmunzeln. Floki war wirklich ein außergewöhnlicher Zeitgenosse. Er war ganz sicher nicht dumm, aber seine Angewohnheit mit Bäumen zu schmusen, ließ ihn verwirrt und durchgeknallt erscheinen.
Raven hatte keine genaue Preisvorstellung und interessierte sich zunächst dafür, was Floki die Bond wert wäre. Der kramte in einem abgewetzten Ledersäckchen umher, in dem Raven die Münzen klimpern hören konnte. Floki bot 20 Kupfer für Saroja und Raven kratzte sich am Ohr, eine Angewohnheit beim Nachrechnen.
Als Raven Duncan’s Gruß vernahm, sah er auf. Er zog Bjalla an einer recht kurzen Kette hinter sich her, was Raven so von ihm noch nicht kannte. Raven warf Bjalla einen düsteren Blick zu, sie hatte sich unmöglich aufgeführt, sich selbst als Ubara der Sklaven bezeichnet und sich im teuren Badeöl von Vic geaalt. Duncan fragte Raven nach Corin, er bat darum ihn ausleihen zu dürfen. Er deutete auf Bjalla und Raven war klar was Duncan vorhatte. Es gibt für eine Bond wohl nichts schlimmeres, als von einem Thrall benutzt zu werden. Raven lieh Corin aus und schickte Duncan Richtung Tor, wo er Corin vorhin mit Sana gesehen hatte. Bjalla’s Blick brachte ihm Genugtuung, sie riss die Augen auf als ihr nun auch klar wurde, was ihr blühte.
Als Duncan um die Ecke verschwunden war, hob Raven seinen Paga zu Floki, mit trockenem Rachen konnte er noch nie gut verhandeln. Dann begann er wieder nachzurechnen, seine Finger nahm er dafür zur Hilfe. Raven überlegte, 20 Kupfer waren nun nicht übermäßig viel, aber er selbst hatte bislang noch gar keine Arbeit mit Saroja gehabt und das bisschen Sklavenbrei war mit den 20 Kupfer mehr als abgegolten. Er grinste und reichte Floki seine Hand, per Handschlag besiegelten sie den Verkauf der Bond.
Raven holte aus einem kleinen Geheimfach an seinem Gürtel den Schlüssel zu Saroja’s Collar hervor und wedelte damit vor Floki’s Gesicht. Der bekam sogleich diesen bestimmten Blick, den Raven schon oft gesehen hatte, wenn man sich um die Wunschbond handelseinig wurde. Floki kippte die Münzen aus seinem Säckchen auf den flachen Tisch und zählte 20 Kupfer davon ab, die er Raven zuschob. Raven griff danach und warf den Schlüssel zum Bootsbauer, der erst beim dritten Fangversuch den Schlüssel in seinen Händen hielt. Raven musste grinsen und prostete Floki erneut zu. Mit seiner überaus lauten Stimme brüllte er nach Saroja, damit er sie ihrem neuen Besitzer übergeben konnte. Erst beim zweiten Ruf trabte sie an. Floki nahm seinen Besitz in Empfang und Raven kam es so vor, als würde Saroja sehr erfreut über den Erwerb sein. Er sah den beiden nach, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden waren.
 

Kaum waren sie weg, huschten Nattdis und Shee heran. Raven seufzte und kam sich vor wie auf einem gut besuchten Tarnlandeplatz. Nattdis, das Plappermaul, berichtet auch gleich von den neuesten Neuigkeiten im Dorf. Bjalla hatte sich nicht nur zur Ubara der Sklaven erhoben und in Öl gebadet. Sie hatte auch noch öffentlich und vor den Ohren von anwesenden Freien am Feuer die Dominanz der Freien in Frage gestellt. Ihrer Ansicht nach wären die nämlich an Bjalla’s Verhalten Schuld. Sie würden sie lehren, wie weit sie gehen kann, da niemand ihr Einhalt gebot. Raven schlug mit der Faust in die Hand. Was bildete sich diese Bond eigentlich ein? Wäre es seine gewesen, er hätte sie zerstückelt und den Fischen im Hafenbecken zum Fraße vorgeworfen. Nattdis erzählte weiter, dass der Dorfjarl eine öffentliche Bestrafung gefordert hatte. Raven brummte, womöglich hatte Duncan sich deshalb Corin ausgeliehen.
 
Noch bevor Raven weiter darüber nachdenken konnte, kam Corin zurück. Er sah ziemlich mitgenommen aus, seine Augen waren glasig und die Wangen noch gerötet. Er wurde von Duncan geschickt, er sollte allen Freien des Dorfes ausrichten, dass sie sich zur nächsten vollen Ahn an der Schmiede einzufinden hatten. Leise sagte er dazu, dass Duncan ihn aufgefordert hatte Bjalla zu benutzen. Um Raven keine Schande zu bereiten, hatte er das natürlich getan. Raven sah ihm an, dass Corin sich damit ganz und gar nicht wohl fühlte. Er und Bjalla hatten sich gerade erst wieder zusammengerauft. Raven legte Corin tröstend seine Hand auf den Schenkel und wies Nattdis und Shee an, die Kunde im Dorf zu verbreiten. Corin hingegen schickte er zum Bach, damit dieser sich waschen konnte. Ganz aufgelöst kam er zurück und machte sich Vorwürfe. Raven versicherte ihm, dass er keine andere Wahl hatte. Seiner Meinung nach konnte Bjalla von Glück reden, dass Duncan nicht auch noch Taima geholt hatte, damit auch der über sie rutschen konnte. Raven legte seinem Jungen die Hand an die Wange, der sich dankbar dagegen schmiegte. Es war das erste Mal für Corin, dass er in dieser Art für eine Bestrafung benutzt wurde.

Raven nickte in Richtung Schmiede und Corin trabte ihm hinterher. Es hatten sich schon jede Menge Bewohner dort versammelt und Duncan machte sich bereits daran, Bjalla am Kreuz festzuketten. Es sollte nun also die von Prayer geforderte öffentliche Bestrafung folgen. Raven suchte sich einen Platz in nicht allzu großer Entfernung und mit einem guten Blick auf das Geschehen. Er starrte grimmig auf den noch makellosen Rücken der Bond, der schon in wenigen Ehn alles andere als das aussehen würde.

 Duncan sah sich unter den Anwesenden um und löste seine Kurt vom Gürtel. Er verlieh der Kurt Schwung und sie entrollte sich.

 
Er wartete eine wenige Ihn ab und rief dann laut und deutlich „1“. Kurz darauf schlug er fest mit der Kurt zu und ein Knallen hallte durch das Dorf. Bjalla bäumte sich auf, gab aber keinen Mucks von sich. Raven zählte leise mit, sein Blick war starr auf Bjalla am Kreuz gerichtet. Duncan wartete nicht lang und kündigte zwei weitere Hiebe an, die noch im selben Moment kurz hintereinander auf Bjalla’s Rücken landeten. Raven zählte jeden Hieb mit kaltem und nichtssagendem Gesichtsausdruck mit. Der 4. Hieb war kraftvoller als die anderen und die nächsten drei folgten kurz hintereinander. Bjalla schrie vor Schmerzen auf, hielt aber still und machte nicht im Ansatz Versuche aus den Fesseln zu gehen. Duncan ließ die Kurt noch drei Mal knallen, ohne dass sie auf Bjalla’s Rücken landeten und verstaute sie aufgerollt wieder an seinem Gürtel.
Raven sah emotionslos auf das Häufchen Elend am Kreuz. Er zwang sich dazu, nicht zu applaudieren. Auf Corin’s fragenden Blick nickte er. Er kannte seinen Jungen, der dank seiner Heilerhelferausbildung in der Lage war, Bjalla’s Wunden zu versorgen.
 
Er selbst drehte sich um und ging nach Hause, er hatte genug gesehen. Corin würde schon nachkommen, wenn er mit Bjalla fertig war.



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