Raven
verließ das Haus betrübt. Seit er sich nun sicher war, dass er sein Weib nicht
wiedersehen würde, schien er um Jahre gealtert zu sein. Entsprechend langsam
schlurfte er über die Veranda und ging zum Tor. Das war meist sein üblicher Weg.
Dort sah er seinen Jungen mit einer Sklaven, die er zuvor noch nicht in Lair
gesehen hatte.
Er
trat leise hinzu und räusperte sich. Corin, der ja um das Befinden seines Jarls
wusste, eilte heran und schmiegte seine Wange an Raven’s Stiefel. Für Raven
waren er und Deigja der letzte Halt in seinem beschissenen Leben. Er sah sich
die Sklavin genauer an, für eine Bond steckte sie in viel zu feinen Stoffen. Er
fragte sie nach ihrem Namen und woher sie komme. Sie wurde Saroja gerufen und meinte sie würde aus den
umliegenden Wäldern kommen. Raven brummte, diese Ortsangabe war nicht das was
er wissen wollte. Für ein Leben im Wald war sie definitiv zu fein gekleidet.
Auf weitere Nachfrage hin erzählte Saroja, dass sie ihrem letzten Jarl Kian
verlustig gegangen war und dass sie zunächst in Schendi und dann in Corcryus an
der Kette eines Händlers diente. Sie war also ein Seidenwurm. Raven rollte mit
den Augen, Seidenwürmer haben es erfahrungsgemäß schwer im Norden. Die Arbeit
hier besteht nicht daraus den Jarls mit hübschen Seiden am Leib die Tage zu
versüßen, sondern aus harter körperlicher Arbeit. Raven erfuhr, dass Prayer ihr
schon diverse Aufgaben übertragen und dass er Saroja ein Fell in der oberen
Etage der Hall zugewiesen hatte. Das war Raven nur Recht. Er war zwar der
Dorfslaver, aber hatte er nur begrenzten Raum zur Verfügung, um die Dorfsklaven
bei sich unterzubringen.
Raven
überlegte kurz und trug Saroja auf, sich für das Feuer am Sammelplatz verantwortlich
zu fühlen. Sie sollte Sorge dafür tragen, dass es nicht erlischt und sie sollte
sich um die Freien kümmern, die sich regelmäßig dort einfinden.
Raven
wollte sehen was sie kann und wandte sich in Richtung Feuer. Corin und Saroja
folgten auf dem Fuße. Er setzte sich auf einen der Baumstämme und Corin zog die
Kajira mit sich, um ihr die Steinküche zu zeigen
Raven
versank in Gedanken und wurde durch einen Gruß von Soko zurückgeholt. Er sah
auf und nickte ihm wortlos zu. Ebenso dem anderen Kerl, der mit Soko ans Feuer
kam, dann verfiel er wieder in dumpfes Grübeln. Als
Saroja vor Raven kniete mit seinem Paga in der Hand, nickte er ihr zu, dass sie
mit dem Serv beginnen könne. Sie begann mit einem Serv, den Raven nur so aus
dem Süden kannte. Anders als sonst, sah er nur auf den Becher in Saroja’s Händen,
nicht einen Deut weiter nach links oder rechts.
Uldig,
der rastlose Kurier, gesellte sich in die Runde und Raven erwiederte seinen Gruß
wieder nur mit einem Nicken. Dann hob er den Paga zu dem Kerl, der mit Soko kam
und stellte sich als Slaver von Lair vor. Der Kerl hieß Fengari und war der Bluts-
und Waffenbruder von Soko. Nach und nach kamen immer mehr Bewohner Lair’s ans
Feuer, unter anderem Stella, Umbra, Vic und Hrdoga. Es begann eine angeregte
Unterhaltung über die anstehende Gefährtenschaftsfeier von Soko und Stella und
darüber, welches Weib denn guter Hoffnung wäre. Bei dem Thema vergrub Raven
sein Gesicht lieber in den Paga und versuchte das Gespräch so gut es ging auszublenden.
Er war noch nie ein Kerl vieler Worte gewesen, doch heute war er noch stiller
als sonst. Und der einzige dem das auffiel, war der Kurier, der sich einen
Platz neben Raven gesucht hatte.
Raven
drehte den Becher mit dem Paga in seinen Händen und starrte ins Feuer. Als
Corin ihm liebevoll die Hand auf seinen Schenkel legte, legte er seine darauf
und quälte sich zu einem Lächeln.
Er
sah zu Uldig, als er meinte dieser könnte ihn angesprochen haben. Es musste so
gewesen sein, denn er wiederholte seine Frage mit einem besorgten Blick. Er
wollte wissen ob etwas in Lair geschehen wäre, Raven wäre so schweigsam. Raven verzog
den Mund und brummte eine Antwort. Sicher ist was geschehen, aber nicht in Lair.
Er bat Uldig seine Augen aufzuhalten auf seinen Reisen. Raven wollte Uldig
später das Bild seines Weibes zeigen, das er verloren hatte. Er erhoffte sich,
dass der Kurier, der weit umher kam, vielleicht mehr Erfolg hätte. Raven winkte
ab, es fiel ihm schwer in dieser großen Runde mehr ins Detail zu gehen.
Er
hing seinen Gedanken noch mehr nach als sonst und beobachtete das Flackern des
Feuers. Das Gespräch der anderen zog mehr an ihm vorbei, als dass er sich daran
beteiligte. Uldig
bekräftigte, dass Raven sich auf ihn verlassen könne. Was auch immer ihm verloren
gegangen wäre, er würde es finden, wenn es sich noch auf diesem Planeten
befände.
Das
ließ die anderen nun aufhorchen. Umbra fragte, wer Raven denn verloren gegangen
wäre und Raven brummte den Namen… Rayna.
Plötzlich
trat Ruhe ein, nur das Knacken der Holzscheite und das entfernte Zwitschern der
Vögel war für einige Ihn zu hören. Raven spürte die Blicke der anderen auf sich
und so berichtete er, was sich zugetragen hatte. Er erzählte, dass er Rayna und
seine Tochter Lale vor einiger Zeit von Lair wegbrachte, weil sich die
Überfälle häuften. Beiden schienen ihm bei Rayna’s Eltern in Thentis am
sichersten zu sein. Nun wurde es um Lair wieder ruhiger und Raven wollte seine
Familie um sich haben. Er erzählte von seiner Reise, von dem Treffen mit Rayna’s
Eltern und dem panischen Ausdruck in ihren Gesichtern, als ihnen klar wurde,
dass Rayna nie in Lair angekommen war. Raven erzähle weiter, dass er sofort den
Heimweg antrat, quasi jeden Stein auf seinem Weg umdrehte und hier und da die
Bestätigung erhielt, dass sein Weib gesehen worden war. Kurz vor den Nördlichen
Wäldern hatte er dann ihre Spur verloren und kehrte nach Lair zurück. Raven schloss
seinen Bericht mit einer Beschreibung seiner Rayna.
Raven
hielt es nicht mehr aus, er musste sich bewegen. Er entschuldigte sich dafür,
dass er heute wohl keine gute Gesellschaft wäre und allen die gute Laune mies
machen würde und bat Uldig mit ihm zu kommen. Gemeinsam gingen sie zu Raven’s Haus
und standen vor dem riesigen Gemälde, das Raven und Rayna in einer innigen
Umarmung zeigte.
Uldig bewunderte das Gemälde und betrachtete Rayna’s feine
Züge. Er versprach sich das Bild einzuprägen, so eine wunderschöne Frau gehöre
schließlich zu ihrem Kerl. Und Rayna war wirklich wunderschön, sie war das
anmutigste Weib, das Raven je unter Gor’s Sonne sah. Uldig drehte sich zu Raven
und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er erzählte Raven seine Geschichte und
Raven verstand, dass die beiden Männer mehr gemein hatten als manch andere
sonst.
Uldig
verlor seine ganze Familie. Er wachte eines Morgens im Wald auf, nach einer
Jagd. Er kehrte zu seinem Dorf zurück, über dem schwarzer Rauch waberte. Er
fand sein Weib geschändet am Brunnen – tot. Sein Thrall war kastriert und
verblutet – tot. Seine Bond war zerstückelt im ganzen Dorf verteilt worden. Dann
fand er seine beiden Kinder – tot. Raven legte Uldig seine Hand auf die
Schulter und drückte sanft zu.
Raven
verstand. Er wusste er könne sich auf Uldig verlassen. Er schlug dessen Angebot
aus ihn zurück an Feuer zu begleiten und setzte sich auf den Stuhl an seinem
Schreibtisch. Aber er war nicht fähig seine Arbeit aufzunehmen. Er drehte den
Stuhl zur Wand und betrachtete Das Gemälde von sich und Rayna, bis er in den
späten Abendstunden an Ort und Stelle einnickte.
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