Sonntag, 2. Juni 2013

Ein Lichtblick?

Raven verließ das Haus betrübt. Seit er sich nun sicher war, dass er sein Weib nicht wiedersehen würde, schien er um Jahre gealtert zu sein. Entsprechend langsam schlurfte er über die Veranda und ging zum Tor. Das war meist sein üblicher Weg. Dort sah er seinen Jungen mit einer Sklaven, die er zuvor noch nicht in Lair gesehen hatte.
Er trat leise hinzu und räusperte sich. Corin, der ja um das Befinden seines Jarls wusste, eilte heran und schmiegte seine Wange an Raven’s Stiefel. Für Raven waren er und Deigja der letzte Halt in seinem beschissenen Leben. Er sah sich die Sklavin genauer an, für eine Bond steckte sie in viel zu feinen Stoffen. Er fragte sie nach ihrem Namen und woher sie komme. Sie wurde Saroja  gerufen und meinte sie würde aus den umliegenden Wäldern kommen. Raven brummte, diese Ortsangabe war nicht das was er wissen wollte. Für ein Leben im Wald war sie definitiv zu fein gekleidet. Auf weitere Nachfrage hin erzählte Saroja, dass sie ihrem letzten Jarl Kian verlustig gegangen war und dass sie zunächst in Schendi und dann in Corcryus an der Kette eines Händlers diente. Sie war also ein Seidenwurm. Raven rollte mit den Augen, Seidenwürmer haben es erfahrungsgemäß schwer im Norden. Die Arbeit hier besteht nicht daraus den Jarls mit hübschen Seiden am Leib die Tage zu versüßen, sondern aus harter körperlicher Arbeit. Raven erfuhr, dass Prayer ihr schon diverse Aufgaben übertragen und dass er Saroja ein Fell in der oberen Etage der Hall zugewiesen hatte. Das war Raven nur Recht. Er war zwar der Dorfslaver, aber hatte er nur begrenzten Raum zur Verfügung, um die Dorfsklaven bei sich unterzubringen.
 
Raven überlegte kurz und trug Saroja auf, sich für das Feuer am Sammelplatz verantwortlich zu fühlen. Sie sollte Sorge dafür tragen, dass es nicht erlischt und sie sollte sich um die Freien kümmern, die sich regelmäßig dort einfinden. 
Raven wollte sehen was sie kann und wandte sich in Richtung Feuer. Corin und Saroja folgten auf dem Fuße. Er setzte sich auf einen der Baumstämme und Corin zog die Kajira mit sich, um ihr die Steinküche zu zeigen
Raven versank in Gedanken und wurde durch einen Gruß von Soko zurückgeholt. Er sah auf und nickte ihm wortlos zu. Ebenso dem anderen Kerl, der mit Soko ans Feuer kam, dann verfiel er wieder in dumpfes Grübeln. Als Saroja vor Raven kniete mit seinem Paga in der Hand, nickte er ihr zu, dass sie mit dem Serv beginnen könne. Sie begann mit einem Serv, den Raven nur so aus dem Süden kannte. Anders als sonst, sah er nur auf den Becher in Saroja’s Händen, nicht einen Deut weiter nach links oder rechts.
 
Uldig, der rastlose Kurier, gesellte sich in die Runde und Raven erwiederte seinen Gruß wieder nur mit einem Nicken. Dann hob er den Paga zu dem Kerl, der mit Soko kam und stellte sich als Slaver von Lair vor. Der Kerl hieß Fengari und war der Bluts- und Waffenbruder von Soko. Nach und nach kamen immer mehr Bewohner Lair’s ans Feuer, unter anderem Stella, Umbra, Vic und Hrdoga. Es begann eine angeregte Unterhaltung über die anstehende Gefährtenschaftsfeier von Soko und Stella und darüber, welches Weib denn guter Hoffnung wäre. Bei dem Thema vergrub Raven sein Gesicht lieber in den Paga und versuchte das Gespräch so gut es ging auszublenden. Er war noch nie ein Kerl vieler Worte gewesen, doch heute war er noch stiller als sonst. Und der einzige dem das auffiel, war der Kurier, der sich einen Platz neben Raven gesucht hatte.
Raven drehte den Becher mit dem Paga in seinen Händen und starrte ins Feuer. Als Corin ihm liebevoll die Hand auf seinen Schenkel legte, legte er seine darauf und quälte sich zu einem Lächeln.
 
Er sah zu Uldig, als er meinte dieser könnte ihn angesprochen haben. Es musste so gewesen sein, denn er wiederholte seine Frage mit einem besorgten Blick. Er wollte wissen ob etwas in Lair geschehen wäre, Raven wäre so schweigsam. Raven verzog den Mund und brummte eine Antwort. Sicher ist was geschehen, aber nicht in Lair. Er bat Uldig seine Augen aufzuhalten auf seinen Reisen. Raven wollte Uldig später das Bild seines Weibes zeigen, das er verloren hatte. Er erhoffte sich, dass der Kurier, der weit umher kam, vielleicht mehr Erfolg hätte. Raven winkte ab, es fiel ihm schwer in dieser großen Runde mehr ins Detail zu gehen.
Er hing seinen Gedanken noch mehr nach als sonst und beobachtete das Flackern des Feuers. Das Gespräch der anderen zog mehr an ihm vorbei, als dass er sich daran beteiligte. Uldig bekräftigte, dass Raven sich auf ihn verlassen könne. Was auch immer ihm verloren gegangen wäre, er würde es finden, wenn es sich noch auf diesem Planeten befände.
Das ließ die anderen nun aufhorchen. Umbra fragte, wer Raven denn verloren gegangen wäre und Raven brummte den Namen… Rayna.
 
 Plötzlich trat Ruhe ein, nur das Knacken der Holzscheite und das entfernte Zwitschern der Vögel war für einige Ihn zu hören. Raven spürte die Blicke der anderen auf sich und so berichtete er, was sich zugetragen hatte. Er erzählte, dass er Rayna und seine Tochter Lale vor einiger Zeit von Lair wegbrachte, weil sich die Überfälle häuften. Beiden schienen ihm bei Rayna’s Eltern in Thentis am sichersten zu sein. Nun wurde es um Lair wieder ruhiger und Raven wollte seine Familie um sich haben. Er erzählte von seiner Reise, von dem Treffen mit Rayna’s Eltern und dem panischen Ausdruck in ihren Gesichtern, als ihnen klar wurde, dass Rayna nie in Lair angekommen war. Raven erzähle weiter, dass er sofort den Heimweg antrat, quasi jeden Stein auf seinem Weg umdrehte und hier und da die Bestätigung erhielt, dass sein Weib gesehen worden war. Kurz vor den Nördlichen Wäldern hatte er dann ihre Spur verloren und kehrte nach Lair zurück. Raven schloss seinen Bericht mit einer Beschreibung seiner Rayna.

Raven hielt es nicht mehr aus, er musste sich bewegen. Er entschuldigte sich dafür, dass er heute wohl keine gute Gesellschaft wäre und allen die gute Laune mies machen würde und bat Uldig mit ihm zu kommen. Gemeinsam gingen sie zu Raven’s Haus und standen vor dem riesigen Gemälde, das Raven und Rayna in einer innigen Umarmung zeigte.
 
Uldig bewunderte das Gemälde und betrachtete Rayna’s feine Züge. Er versprach sich das Bild einzuprägen, so eine wunderschöne Frau gehöre schließlich zu ihrem Kerl. Und Rayna war wirklich wunderschön, sie war das anmutigste Weib, das Raven je unter Gor’s Sonne sah. Uldig drehte sich zu Raven und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er erzählte Raven seine Geschichte und Raven verstand, dass die beiden Männer mehr gemein hatten als manch andere sonst.
 
Uldig verlor seine ganze Familie. Er wachte eines Morgens im Wald auf, nach einer Jagd. Er kehrte zu seinem Dorf zurück, über dem schwarzer Rauch waberte. Er fand sein Weib geschändet am Brunnen – tot. Sein Thrall war kastriert und verblutet – tot. Seine Bond war zerstückelt im ganzen Dorf verteilt worden. Dann fand er seine beiden Kinder – tot. Raven legte Uldig seine Hand auf die Schulter und drückte sanft zu.
Raven verstand. Er wusste er könne sich auf Uldig verlassen. Er schlug dessen Angebot aus ihn zurück an Feuer zu begleiten und setzte sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch. Aber er war nicht fähig seine Arbeit aufzunehmen. Er drehte den Stuhl zur Wand und betrachtete Das Gemälde von sich und Rayna, bis er in den späten Abendstunden an Ort und Stelle einnickte.

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