Sonntag, 6. Oktober 2013

Ein Deal wie es ihn so wohl noch nie gab


Raven genoss den Tag und machte es sich auf der Terrasse der Taverne bequem. Es war die letzten Tage eher ruhig. Entweder die Bewohner Corcyrus‘ blieben in ihren Häusern oder waren wie der Administrator auf Reisen. Er selbst war ebenso ein paar Tage unterwegs gewesen. Raven hing seinen Gedanken nach, als Elysa über den Marktplatz schlurfte. Als sie Raven entdeckte, war sie wie der Blitz bei ihm und umgarnte ihn. Raven musste schmunzeln. Seit er Elysa seinen Stiefel putzen ließ, war sie wie vernarrt in den Stadtslaver, himmelte ihn an und war bevorzugt die Sklavin, die sich um
Raven mit Elysa

ihn kümmerte, wenn kein anderer Sklave in Sichtweite war. Er ließ sich von dem kleinen Rotschopf einen Paga bringen und sich von ihr auf den neuesten Stand der Geschehnisse in der Stadt bringen. Viel hatte sie allerdings nicht zu erzählen, in Corcyrus war es also schon länger ruhig. Ein paar Dinge wußte er bereits, anderes war neu für ihn. So hatte sich Skal auf einer Reise nach Kasra mit der für diese Stadt typischen Fischsuppe den Magen verdorben. Dann war da noch die Lady, die verletzt in der Herberge weilte, während Corin sich um die medizinische Versorgung kümmerte. Ja und dann war da ja auch noch Cora, die entlaufene Stadtsklavin. Alles in allem waren es wenige Neuigkeiten, die Raven zu hören bekam. Gerade als Raven sich ein wenig mehr um Elysa kümmern und ihr seinen zweiten Stiefel zum Putzen zwischen die Schenkel schieben wollte, roch er etwas, das ziemlich weiblich nach Sandelholz und anderen sinnlichen Gerüchen duftete. Er sah seinen Corin mit gesenktem Haupt durch die Straße in Richtung Slavery trotten. So wie er seine Füße beim Laufen betrachtete, konnte er seinen Jarl gar nicht gesehen haben.
Raven mit Corin und Elysa

Raven war schon ein wenig verwundert und pfiff seinem Jungen laut hinterher. Dem Pfiff folgte das Wort „HEEL!“ und Corin schien aus seinen Gedanken zu kommen. Schnell rannte er in die Richtung und kniete vor Raven nieder. Corin sah ziemlich durch den Wind aus. Corin erzählte, dass er aus dem Badehaus käme, wo er eine Herrin massiert hätte. Das erklärte zumindest den extremen weiblichen Geruch, der um Corin herum waberte. Diese Herrin verlangte mit Raven zu sprechen. Raven würde eine Freie gewiss nicht in der Taverne empfangen und so drückte er Elysa den inzwischen leeren Pagabecher in die Hand und stand auf.
Und da stand sie auch schon. Die Freie wandelte in sichtlicher Entspannung über den Marktplatz und besah sich die Auslagen. Raven wehte abermals der Geruch der Massageöle in die Nase, als sie sich umdrehte und ihn mit großen Augen ansah. Natürlich erkannte sie Corin wieder und brachte Raven dann wohl mit ihm in Verbindung. Raven kam ihr die Stufen von der Terrasse herunter entgegen und grüßte sie. Er sah ihren offensichtlich interessierten Blick auf seine Statur wahr und es klang mehr nach Frage als nach Feststellung, als sie ihn mit „Tal Slaver“ grüßte und sich sogleich als Lioba vorstellte. Klar war er der Slaver und so stellte
Lioba unterbreitet Raven den Handel

sich Raven dann auch vor. Sie setzten sich in die Gaststube und ließen sich mit Getränken versorgen. Lioba machte keine Umschweife über das, was ihr auf dem Herzen lag. Ohne Zögern schlug sie ihm mit einem gewinnenden Lächeln einen Handel vor. Sie erzählte Raven, dass sie aufgrund dessen, dass sie keine Kinder empfangen kann, nicht als Heilerin arbeiten dürfte und man sie aus der grünen Kaste ausgeschlossen hatte. Sie würde Raven den Rücken frei halten für seine täglichen Pflichten, ihm verständnisvoll und gehorsam zur Seite stehen und mit ihrer Anwesenheit dafür Sorge tragen, dass sich keines der Mädchen zu sehr in ihn verlieben würde. Im Gegenzug dazu sollte Raven ihr Gefährte würde und ihr somit Schutz und finanzielle Absicherung gewährleisten. Sie stürmte förmlich auf den Slaver ein. Raven traute seinen Ohren nicht. Glaubte dieses Weib tatsächlich, dass er auf eine Zweckgemeinschaft aus wäre? Er, der oftmals zu seinem Nachteil nur nach seinem Herzen handelte? Lioba schien seine Gedanken zu erraten, denn sie setzte fort: "Ich glaube einen
Mann vor mir zu haben der die Vorteile einer eventuellen Zweckgemeinschaft durchaus erkennt. Ich wäre die Bremse gegen allzu anhängliche Mädchen ohne mich in Deine intimen Bereiche einzumischen. Es muss niemand wissen das es eine Zweckgemeinschaft ist, der es nicht wissen soll." Raven war perplex, solch einen Handel hat ihn noch niemand vorgebracht, erstrecht kein Weib. Raven wollte wissen, weshalb gerade er es war, dem sie ihr Angebot machte. Lioba gestand, dass ihr der Gedanke kam, als Corin sie im Badehaus massierte und ihr dabei in den höchsten Tönen von Raven vorschwärmte. Raven sah stolz auf seinen Jungen, der ihn nun schon treu und ergeben eine Weile begleitete, durch alle Höhen und Tiefen seines bewegten Lebens. Dann betrachtete er Lioba, versuchte ihre Züge durch den Veil vor ihrem Gesicht hindurch zu erahnen. Corcyrus lag so weit nördlich, dass der Rat den Freien es überließ, ob sie sich verschleierten oder nicht. Und genau das musste Lioba gewusst haben, denn sie löste ihren Veil.  „Wir haben wohl beide ein hartes Schicksal. Schau mich an Raven, die wenigsten Männer sahen mich je unverschleiert aber Du musst kein Giani im Sack kaufen!
Raven war auch nur ein Mann und das Weib, das da vor ihm saß und ihm ihr Antlitz zeigte, war von der Natur gesegnet. Ihre Züge waren fein und wirkten aristokratisch. Lioba hatte augenscheinlich noch nicht viele Winter gesehen. Und wenn doch, dann schien die Zeit an ihr vorbeizuziehen. Raven sah auf das Schmuckstück an ihrem Hals. Es war eine Kamee mit einem weiblichen Profil darauf, das sehr dem von Lioba ähnelte. Sie sah den Blick und erklärte, dass es ihr ehemaliger Gefährte anfertigen ließ und dass er es Tag und Nacht trug. Nach dem zweiten Jahr der Gefährtenschaft löste er die Verbindung, da Lioba ihm keine Söhne schenkte. Raven sah sie an, in dieser Situation konnte er ihr kaum sagen, dass auch er sich nichts mehr als einen Sohn wünschte, dass Lioba ihm diesen Wunsch aber wohl kaum erfüllen konnte. Lioba legte ihren Veil wieder an. Raven wusste, dass er für manche Frau mehr als nur Sichtschutz bedeutete. Raven beschloss ernsthaft über den Handel nachzudenken. Sicher, dieses Weib würde ihm keine Kinder schenken können. Aber im Hinblick auf seine eher ungewöhnliche Wohngemeinschaft mit Mika war Lioba ein perfektes Alibi. Und er spürte, dass Corin mehr und mehr auch eine weibliche Hand brauchte, eine Herrin.
 
Es war noch nicht sehr spät als Lioba sich erhob und sich verabschiedete. Raven trank noch seinen Paga aus und ging dann mit seinem Jungen nach Hause. Er hatte über einiges nachzudenken.
 
 

1 Kommentar: