Mittwoch, 23. Juli 2014

Eine Einladung mit Tücken

Raven war darin vertieft, einen passenden Schlüssel für den Kragen der Sklavin des Baumeisters aus den vielen herauszusuchen, die er als Restbestände aus seiner Zeit als Slaver aufgehoben hatte, aus einem Lederbeutel herauszusuchen. Lucius hatte Raven vor ein paar Tagen darum gebeten, seiner Sklavin Shala den alten Kragen abzunehmen, damit er ihr seinen anlegen konnte. Raven wollte erst versuchen einen passenden Schlüssel zu finden, ehe er mit Kraft und Werkzeug dem ausgedienten Kragen zu Leibe rückt. Lucius hatte Elysa, die nun den Namen Shala trug, vor ein paar Tagen von seiner Tochter Lale erstanden. Und Lale hatte den Schlüssel zum Kragen verlegt.
Mitten in seine Suche vertieft, bemerkte Raven eine Bewegung neben sich im Augenwinkel und er blickte in Richtung Tor, wo der Centurio der Unterstadt, Benendicus Attilus, stand. Benendicus lud Raven zum Essen ein und Raven glaubte sich verhört zu haben. Hinzu kam, dass die Einladung von Aurora kam, was Raven noch mehr verdutzte. Zur 21. Ahn sollte Raven sich im Haus Attilus einfinden. Just in dem Moment stand auch schon Lucius in Begleitung seiner Cousine Linnéa Cornelius, so stellte er die Freie vor, und seiner Sklavin Shala im Hof der Schmiede. Da es bereits kurz vor der bestellten Zeit war, er aber sich noch um den Kragen der Kleinen kümmern wollte, vertröstete Raven Benendicus auf einen leicht verspäteten Zeitpunkt. Er wollte den Baumeister, der ihn mit 2 Silbermünzen beim Prätor wegen der Fenstersteuer ausgelöst hatte, nicht ein weiteres Mal versetzen. Benendicus willigte ein, beschrieb in kurzen Ausführungen den Weg zum Haus Attilus und verließ die Schmiede dann wieder. Raven sah Benendicus noch etwas irritiert nach, wandte sich dann aber an Lucius, um ihn über sein Vorhaben mit den Schlüsseln zu informieren. Sofern einer davon passte, wäre das Problem des Baumeisters schnell und ohne großen Aufwand gelöst. Raven ließ sich Shala mit dem Rücken zu sich hinstellen und sie ihre langen Haare hochraffen. Ein wahrlich schöner Anblick war das, die Kleine war mit ansehnlichen Vorzügen gesegnet.
Raven öffnet Shala's Kragen
Er schob seine Finger unter Shala’s Kragen und drehte das Schloss ein wenig mehr zu sich, damit er es eingehend betrachten konnte. Wieder begann er in dem Lederbeutel zu kramen. Lale hatte Shala einen hochwertigen Kragen angelegt, dem nicht mit einem einfachen Schlüssel zu Leibe zu rücken wäre. Er legte sich eine kleine Auswahl an Schlüsselchen zurecht und begann einen nach dem anderen zu testen. Ein paar Schlüsselchen passten ins kleine Schloss, ließen sich darin aber nicht bewegen. Andere bekam er dafür aufgrund der Größe oder der Form des Schlüsselbartes nicht ins Schloss hinein. Mit einer der letzten, die Raven sich zurecht gelegt hatte, ließ sich leicht im Schloss drehen. Er erklärte nebenher, dass es durchaus sein kann, dass sich Schmutz und Rost im Schloss absetzen über die Zeit und es daher zu Problemen beim Schließen kommen kann. Lucius wirkte interessiert und verglich es mit Scharnieren an Türen und Toren, die stets und ständig der Witterung ausgesetzt waren.
Raven gab ein paar Tropfen Schmieröl in das Schloss, ließ sie sich verteilen und versuchte dann erneut den Schlüssel zu bewegen. Er werkelte kräftig daran herum und zwängte Shala dabei wohl auch ein wenig die Luft ab, jedenfalls vernahm er ein Röcheln. Der Schlüssel ließ sich immer mehr bewegen, bis das Schloss mit einem leisen Klacken nachgab und aufsprang. Raven grinste Lucius triumphierend an. Der Baumeister war erfreut, auch ihm was dieses Geräusch nicht entgangen. Raven ließ von Shala ab und trat einen Schritt zur Seite, sodass Lucius den Kragen tauschen konnte.
Da dieser nun mit Shala und dem Kragentausch befasst war, konnte Raven sich den Schmutz des Tages abwaschen und sich in feinere Kleider als die für die Arbeit werfen. Er verabschiedete sich von Lucius und Linnéa und trabte eiligen Schrittes über den Markt, am Ludus vorbei in die von Benendicus beschriebene Richtung, bis er ohne große Umwege vor dem Haus Attilus stand. Er klopfte und wartete, dass ihm geöffnet wurde. Es dauerte und Raven trat ein paar Schritte zurück in die Gasse, in der er sich umsah.
Zu Besuch im Haus Attilus
Dann als die Türe sich doch noch öffnete, sah er erstaunt auf die rot gekleidete Aurora, die ihn mit einer Handgeste ins Haus bat und ihn mit einem Lächeln auf den Lippen begrüßte. Er sah sich in dem Haus um, das er bis dahin noch nicht mal von außen kannte. Es geschmackvoll und pompös eingerichtet, Mosaikfliesen an den Wänden und wertvolle Teppiche auf den Böden.
Raven und Ben nahmen jeder auf einem Lectus Platz, während Aurora in die Küche eilte, nachdem sie beide nach ihren Getränkewünschen gefragt hatte. Raven hatte Durst, so ließ er sich ein Wasser bringen und befragte Benendicus nach dem Grund der Einladung. Raven sollte schlicht und ergreifend Aurora aus der Reserve locken, sie sollte lernen sich zu beherrschen. Aurora wollte schließlich in die rote Kaste. Und da Egil nicht greifbar war, musste eben Raven herhalten. Er sollte sie also reizen, um zu prüfen, inwieweit sie sich im Griff hatte. Gerade wollte Raven Benendicus noch fragen was für ihn dabei raussprang, als Aurora um die Ecke bog. So kniff er sich die Frage und ließ Aurora auftischen. Es gab Vulo mit Honigkruste, welches sie bereits in mundgerechte Stücke zerteilt hatte. Dazu gab es Brot und Obst in Stücken.
Nachdem Aurora beiden einen guten Appetit gewünscht hatte, griff Raven auch schon zu und ließ es sich in Nordmannmanier schmatzend schmecken, auch ließ er ein mit vollem Mund genuscheltes Lob nicht aus. Er konnte Aurora ansehen, dass ihr die Art seiner Nahrungsaufnahme missfiel. Aber sie sagte nichts. Raven grinste sie breit an und nahm es hin, dass Fleischfasern zwischen seinen sonst makellosen Zähnen klemmten. Er machte dem nicht immer guten Ruf der Nordmänner alle Ehre und das mit voller Absicht. Aurora’s Gesichtszüge entglitten etwas mehr, aber noch immer ließ sie sich nicht dazu hinreißen Raven anzufahren. Dieser legte nun einen drauf, als er einen kleinen Bauern in seine Faust machte und sich das nächste Stück Fleisch griff.
Selbst Benendicus sah Raven sichtlich angewidert beim Essen zu und verglich ihn mit einem Bauernjungen, der in Benendicus‘ Jugend oftmals bei seinen Eltern aß und ähnlich wildes Verhalten an den Tag legte dabei. Das reichte. Raven nagte den Knochen fein säuberlich ab, tupfte sich den Mund und die Hände an einem dafür vorgesehenen Reptuch ab und legte den Knochen darauf. Das Schauspiel war für ihn nun beendet und das sagte er auch so. Immerhin hatte er noch nicht den ‚richtigen‘ Nordmann gezeigt, ansonsten hätte Benendicus ihn sicherlich des Hauses verwiesen.
Eine Unterhaltung der beiden Männer über Aurora begann und Raven ließ seine Blicke über deren Körper gleiten. Er hatte beschlossen sie mit Gesten zu reizen. Er leckte sich über die Lippen und starrte Aurora offensiv in den Ausschnitt. Dann endlich fand sie ihre Sprache wieder und äußerte sich betont vornehm, dass Raven wahrscheinlich nicht so häufig derlei Ausblicke bekommt. Immerhin würde er ja nur Sklaven zu Gesicht bekommen, daher würde sie ihm seine Entgleisung verzeihen. Raven entgegnete, dass es tatsächlich auch Weibsbilder gab, die sich die Kleider vom Leib gerissen haben, nur um vor Raven zu knien und die Arme in die Luft zu recken. In seiner Vergangenheit hatte er einiges erlebt, unter anderem auch das. Ein Wort ergab das andere und Raven hatte sogar seinen Spaß daran Aurora aus der Reserve zu locken. Bis sie es dann auf die Spitze trieb und wieder auf das Thema Gefährtin kam.
Ein sichtlich verärgerter Raven
Klar hatte Raven kein Weib an seiner Seite. Aber er hatte eines im Herzen. Raven reagierte immer empfindlich, wenn es um dieses Thema ging. Immerhin hatte er seine Rayna unter widrigen Umständen gehen lassen müssen. Aurora unterstellte ihm, dass er seine Lust an Münzmädchen ausließ, wo er doch schließlich kein Weib hatte. Benendicus versuchte noch Aurora zu bremsen, immerhin hatte sie soeben einen freien Mann beleidigt. Das war genug für ihn. Er gab ihn unmissverständlich zu verstehen, dass es weder Aurora noch sonst jemanden angeht, wer oder was wann und wo die Schenkel für Raven breit macht oder ob es überhaupt jemand tun muss. Er beherrschte sich mühsam, wurde aber dennoch laut. Benendicus sagte dann doch tatsächlich noch so was wie eine Entschuldigung für Aurora, immerhin hatte Raven sie als freie Frau ja doch ziemlich angegangen. Raven kochte vor Wut und eher ihm gänzlich die Beherrschung entgleiste, stellte er seinen Becher hin, stand auf und ging nach Hause. Egal ob nur ein Test oder nicht, aber Raven musste sich für einen solchen Mist nun wirklich nicht vorführen lassen, schon gar nicht so. Sollten sie sich ihre Tests sonst wohin stecken oder sich einen anderen Dummen dafür suchen.

Zu Hause in der Schmiede fiel die Tür hinter Raven mit einem lauten Scheppern in die Angel. Er goss sich einen großen Paga ein und schalt sich selbst einen Trottel. Bei diesem einen Paga würde es sicher nicht bleiben. Ganz sicher würde er am nächsten Morgen einen dicken Brummschädel haben, aber das war Raven in diesem Moment so ziemlich egal. Die Nacht verbrachte er schlafend auf dem flachen Tisch liegend mit dem Pagabecher in der Hand.

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